Manta bei Nacht vor Kona, Hawaii

Tauchen auf Hawaii

September/Oktober 2019

Das Erkunden der Unterwasserwelt gehört nicht zu meinen Prioritäten, als ich im September 2019 nach der verhinderten Bikini-Safari noch dreieinhalb Wochen lang über die Inselwelt Hawaiis hüpfe. Dafür hat Hawaii über Wasser einfach zu viel zu bieten und ist unter Wasser eine noch kostspieligere Angelegenheit als darüber. Ganz ohne Tauchen geht es natürlich trotzdem nicht, zumindest die beiden Top-Plätze des Archipels müssen ins Logbuch.

Maui

Auf Maui ist Kihei eine gute Basis zur Erkundung der Insel, sowohl über wie unter Wasser. Hier sind auch die Pro Divers beheimatet, bei denen ich mich zum Preis von 120 $ für eine Two-Tank-Exkursion zum Molokini Crater einbuche, den die Pro Divers täglich anfahren.

In aller Herrgottsfrühe um 6:15 Uhr treffen wir uns an der Kihei Boat Ramp, wo gerade das Tauchboot zu Wasser gelassen wird. Nach kurzer Begrüßung und Einweisung geht es rauf aufs Meer. Die knapp 10 km bis Molokini sind in etwa 20 Minuten erledigt. Die Insel ist die Spitze eines Vulkans, der in Form einer Mondsichel aus dem Wasser ragt. Es gibt kaum Vegetation und keinerlei Abflüsse ins Meer, was zu hervorragenden Sichtweiten an den Tauchplätzen rund um die Insel führt. Davon gibt es ein halbes Dutzend, sowohl innerhalb des Kraters als auch auf der Rückseite, auf der die Wand über 100 Meter fast senkrecht ins Blau abfällt. Die bleibt uns heute leider verborgen; wir starten innerhalb der Sichel auf der Ostseite am Platz Enenue, aka "Ene Nu'i" Die Sichtweite ist tatsächlich gigantisch, es sind mindestens 40 Meter. Kleine Steinkorallen, die durchweg einen gesunden Eindruck machen, dominieren das sanft abfallende Riff, dem wir bei molligen 29 Grad Wassertemperatur in die Tiefe folgen. Bei 41 Metern erreichen wir schließlich den Meeresboden und schauen uns ein bisschen um. So richtig viel Fisch hat es für meinen Geschmack nicht, zwei Weißspitzen, eine Muräne und immer mal wieder die üblichen Verdächtigen, wie Falterfische und Doktoren. Auffällig ist lediglich, dass überall Diamant-Picassodrückerfische rumschwimmen, die auf Hawaiianisch auf den schönen Namen "Humuhumunukunukuapua'a" hören, und anderswo auf der Welt nicht ganz so zahlreich auftreten. Enenue soll auch ein guter Platz sein für die Sichtung der frei im Wasser umhertreibenden Blauen Ozeanschnecke (Glaucus atlanticus), auch "Blauer Drache" genannt, aber dieses Glück ist uns leider nicht beschieden. Insgesamt gebe ich dem 60-Minuten-Tauchgang ein "Ok-ish".

Nach 90-minütiger Oberflächenpause, die angesichts der Tiefe des ersten Tauchgangs auch notwendig ist, springen wir an der westlichen Spitze der Sichel am Platz Reef's End zum zweiten Mal ins Wasser. Der Tauchgang gefällt mir etwas besser, es hat mehr Fisch und mit Perlenmuräne und Blaukehl-Drücker sind auch zwei Arten dabei, die ich zuvor nur ein- oder zweimal gesehen habe. 50 Minuten lang paddeln wir am Riff entlang, bevor wir zurück aufs Boot klettern und kurz darauf zurück nach Kihei fahren, wo wir um 10:45 Uhr wieder ankommen.

Fazit: Dass man die Werbeversprechen bezüglich Molokini nicht so ernst nehmen darf ("Hawaii's No.1 world class top dive site"), war mir von vorneherein klar, denn die Amis neigen ja gerne zu Übertreibungen. Und so ist es dann auch gekommen. Insgesamt war die Exkursion nett, aber auch nichts, was mich in Begeisterungsstürme ausbrechen lässt. Das Außergewöhnlichste war vielleicht die Gesamt-Tauchzeit von 1:50 Std., was für amerikanische Two-Tank-Dives eher ungewöhnlich ist. Da kann es schon mal passieren, dass man nach jeweils 30 Minuten Tauchzeit aus dem Wasser gejagt wird. Genau das ist Freunden von mir passiert, die im Norden Mauis mit einem anderen Veranstalter eine Hammerhai-Exkursion gemacht haben. 2 x 25 Minuten mit 30 Minuten Oberflächenpause. Nach nicht mal zwei Stunden wieder im Hafen und Hammerhaie auch noch Fehlanzeige. Diese Tour habe ich mir dann geschenkt.

Big Island

Auf Hawaiis größter Insel, die offiziell unpraktischerweise auch einfach nur "Hawaii" heißt, gibt es ein Spektakel, das es meines Wissens nirgends sonst in dieser Form auf der Welt gibt: Nachttauchen mit Mantas samt Illumination. Von den zahlreichen Anbietern haben wir uns die Manta Ray Dives of Hawaii ausgesucht und uns schon vor Abreise für erquickliche 145 US$ für die abendliche Ausfahrt mit einem einzelnen Tauchgang eingebucht. Man gönnt sich ja sonst nichts!

Wir müssen erstmal ein bisschen suchen und uns durchfragen, bis wir in der weitläufigen Honokōhau Marina nördlich von Kailua-Kona kurz vor der Check-In-Zeit (17 Uhr) den richtigen Steg finden, an dem das Boot der Mantarochen-Taucher von Hawaii liegt. Insgesamt 20 Gäste (Taucher und Schnorchler) passen auf den Kutter und wir sind heute auch voll belegt. Die Fahrt zur Makako Bay, direkt am Flughafen gelegen, gestaltet sich aufregender als gedacht: Dank der steifen Brise wird die Kappe des Guides vom Winde verweht und muss im Dämmerlicht unter Einsatz von Suchscheinwerfern und Adleraugen aus den Fluten des Pazifiks gerettet werden. Nachdem er wieder voll ausgerüstet ist, erzählt er uns ein bisschen was über die Historie des nächtlichen Manta-Tauchens hier: Schon vor einem halben Jahrhundert (und vielleicht auch noch früher) beobachteten die Gäste der an der Küste liegenden Restaurants und Hotels (Hilton, Kona Surf Hotel, u.a.) die Mantas vom Strand aus. Irgendwann fiel aufmerksamen Beobachtern auf, dass sie in den Abendstunden besonders zahlreich dort erschienen, wo der Lichtschein der Lampen auf das Wasser fiel. Dass das mit dem durch das Licht angelockte Plankton zusammenhängt, dürfte wohl den wenigsten klar gewesen sein. Ab den 1980er-Jahren nahmen die lokalen Tauchveranstalter dann gelegentlich zahlende Gäste mit zu den Spots, an denen sich die Mantas besonders häufig blicken ließen. Über die Jahre nahmen diese Ausfahrten stetig zu und der technische Aufwand wurde durch die Mitnahme lichtstarker Scheinwerfer immer größer, um die Wahrscheinlichkeit für eine nächtliche Begegnung mit den Riesenrochen zu erhöhen. Mittlerweile liegt sie bei über 80 %, sodass die meisten Veranstalter einen freien zweiten Versuch an einem anderen Tag gewähren, falls die Mantas mal wegbleiben. Das gilt auch für die Manta Ray Divers. Wir sind jedenfalls ziemlich gespannt, ob sich die Werbung, die natürlich auch hier vom "Best Scuba Diving in Hawaii" redet, genauso als Übertreibung herausstellt, wie bei Molokini oder ob wir wirklich eine "unforgettable experience" haben werden.

Wir geben dem Staff 15 Minuten Vorlauf, um die Lichtanlage zu installieren, die an einem an Surfboards befestigten Gestell von der Wasseroberfläche aus den Tauchplatz erleuchtet. Dann springen wir voller Vorfreude ins Wasser – und sind direkt mittendrin im Geschehen: Die Mantas sind schon da! Der Guide weist uns unsere Plätze zu, an die wir uns in 10 Meter Wassertiefe hinhocken und den Mantas beim Tanzen zuschauen. Was in der nächsten Dreiviertelstunde folgt, ist der beste Nachttauchgang meines Taucherlebens: Mindestens ein Dutzend Mantas tanzen in den Lichtkegeln der Scheinwerfer und Lampen und schlagen sich die Bäuche voll. Vielleicht sind es auch zwei Dutzend; es ist schwer, bei dem Gewusel den Überblick zu behalten! Die Mantas sind voll in Action und ohne Scheu, fliegen Zentimeter über unsere Köpfe und stoßen uns teilweise auch an. Man möchte eigentlich permanent auf den Auslöser drücken, aber ich lege die Kamera auch gerne mal weg, um das Spektakel mit eigenen Augen zu genießen und nicht durch ein Kameradisplay. Das Fotografieren mit Blitz ist übrigens zu meinem Erstaunen nicht verboten, aber angesichts der permanenten Illumination geht es auch ohne. Nach 48 Minuten steigen wir total euphorisch aus dem Wasser. Nein, die Werbung hat in diesem Fall nicht übertrieben: Wenn es so zugeht, wie bei uns heute Abend, ist das Manta-Nachttauchen von Big Island mit Sicherheit eine der besten Aktivitäten, die man auf Hawaii unternehmen kann!

Fazit

Tauchen auf Hawaii kann man machen, wenn man sowieso gerade dort unterwegs ist, aber von Europa aus für einen dedizierten Tauchurlaub dort hinzufliegen, halte ich für verschwendete Zeit und verschwendetes Geld, falls man nicht eine Woche lang die Mantas von Big Island besuchen will. Natürlich muss man mit nur drei Tauchgängen etwas vorsichtig mit einem Urteil sein, aber wenn ich Molokini, das als Hawaiis Top-Platz gilt, als Referenz nehme, halte ich das Rote Meer tauchtechnisch für attraktiver, da schöner und vielfältiger. Dazu kommen die teils absurden Preise, die die Tauchcenter aufrufen. Auf Kauai wollten sie 150 US$ für eine Bootsausfahrt mit einem einzigen Tauchgang haben! Für einen Two-Tank-Dive von Land aus muss man dort ähnlich viel Geld in die Hand nehmen. Das habe ich dann gelassen, wobei ein Vergleich mit Molokini schon interessant gewesen wäre. Vielleicht, wenn ich nach Hawaii für ein erneutes Inselhüpfen zurückkehre, denn über Wasser ist der Archipel der Knaller!

  • Facebook