April 2002
"Schnarchst Du?". Mit diesen Worten begrüßt mich Thomas, Mitbesitzer der "Pretty Tombilli" am Flughafen in Male. Komisch, während des 9-stündigen Fluges in der Sardinenbüchse der LTU hatte ich mir überlegt, dass genau dies meine erste Frage an meinen potenziellen Zimmerkollegen sein würde. Schlechte Erfahrungen in der Vergangenheit ... Die Fahrt mit dem Tauchdhoni zum Ankerplatz der Tombilli dauert gut 20 Minuten - genug Zeit, um mir direkt den ersten Sonnenbrand von der heiß brennenden maledivischen Sonne einzufangen. Unser Zuhause für die nächsten zwei Wochen lässt das schnell vergessen. Die Tombilli ist ein gemütliches Bötchen in einem Topzustand, sauber und ohne Krabbeltierchen. Die Kojen mit dem dazugehörigen Klo sind zwar etwas beengter als ich es vom Roten Meer her kenne, aber wir wollen hier ja auch keine Konferenzen abhalten, der Großteil der nächsten zwei Wochen wird eh unter Wasser oder auf dem Sonnendeck stattfinden.
Nach der obligatorischen Einweisung in die Bootsregeln und gesetzlichen Tauchbestimmungen (nur mit Computer und Signalboje, Tauchzeit maximal 60 Minuten, Tiefe maximal 30 m), beginnt unser Unterwasserabenteuer mit dem Checktauchgang bei Furana Outside. Ich weihe meinen 3 mm-Anzug ein, den ich mir noch schnell am Vortag zugelegt habe. Die Investition erweist sich aber als überflüssig, denn bei Wassertemperaturen zwischen 27 und 30 Grad schwitze ich selbst in 3 mm wie bei einem Saunagang. Also funktioniere ich den Nassanzug kurzerhand zum Trocki um, das gute Stück bleibt in den folgenden zwei Wochen auf dem Boot. Badebux und T-Shirt reichen völlig aus. Wichtigste Übung während des Check-Dives ist das Aufblasen der Signalboje in einer Tiefe von 5 m. Wenn man es noch nie gemacht hat, ist es gar nicht so einfach, das Teil mit der Munddusche aufzublasen und an der 5 m langen Schnur nach oben zu lassen und dabei selbst auf 5 m hängen zu bleiben und nicht irgendwo bei 0 m oder bei 10 m zu landen. Wegen des Bootsverkehrs in den Kanälen sollte diese Übung beherrscht werden, und nach ein paar Versuchen hat man das dann auch ganz gut raus.
Am zweiten Tag kann dann das "richtige" Tauchen beginnen. Unser zweiter und letzter Tauchgang im Nord-Male-Atoll heißt Rasfari. Viele kaputte Korallen, ein paar Drückerfische und einer auf einer Sandfläche herumlungernder Weißspitzenriffhai: Mehr bekommen wir nicht zu Gesicht. Thomas hat mehr Glück und entdeckt auf seiner Pirschtour mit der Videokamera noch einen Leopardenhai.
Nach dem zweiten Tauchgang machen wir uns auf den Weg Richtung Rasdhoo Atoll. Knappe vier Stunden dauert die Überfahrt über den Kanal, wobei wir Glück haben, überhaupt noch rüberzukommen, denn für den nächsten Tage ist höherer Seegang angesagt, sodass eine Überfahrt unmöglich wäre. Die drei Tauchgänge an Rasdhoo Madivaru und Rasdhoo Findhu sind fischtechnisch relativ vielversprechend. Den Zustand der Korallen werde ich nur noch erwähnen, wenn er gut ist. Dies ist hier nicht der Fall, dafür hat es 2 Gepunktete Adlerrochen. Da ich diese Kollegen bisher erst ein einziges Mal gesehen habe, nämlich vor 3 Jahren an der Yongala, sind dies meine persönlichen Lieblinge während der ganzen Tour. Daneben hat es das übliche Zeug, wie Weißspitzenriffhaie, Muränen, jede Menge Drückerfische, Kröten und einige Napoleons. Nett finde ich auch die 7 Langusten, die sich zusammen in ein Loch quetschen. Am allernettesten sind aber die Hammerhaie, die während unseres Early Morning Dives im Tiefblau um uns herumschwimmen. Es wird die einzige Begegenung mit ihnen während dieser Tour bleiben.
Von Rasdhoo ist es nur ein kurzer Hüpfer ins Ari Atoll, das wir am Mittag des dritten Tages erreichen. Am Dhinnolu Thila hüpfen wir zwecks Manta Spotting ins Wasser. Was mir beim Sprung ins Wasser als Erstes auffällt, sind die hier besonders toten Korallen. Ach, ich wollte es doch nicht mehr erwähnen. Dafür hat es tatsächlich einen Rochen, allerdings nur einen fetten Bullray. Nach 5 Jahren Tauchen lerne ich jetzt auch endlich die deutsche Bezeichnung kennen: "Schwarzpunktrochen". Nach 40 Minuten Herumtauchen wollen wir schon die Hoffnung aufgeben, doch dann kommt er doch noch: Ein mächtiger Manta von ungefähr 4 m Spannweite beglückt uns mit seiner Anwesenheit. Wir hocken uns auf den Boden, um ihn nicht zu verscheuchen, was er dadurch honoriert, dass er in den letzten 20 Minuten des Tauchgangs noch 6x auftaucht. Pretty genial. Auch der zweite Tauchgang hier verläuft Manta-lastig, diesmal sind es gleich zwei Exemplare. Abgerundet wird der Tauchgang von einer Großen Netzmuräne. im Allgemeinen kann ich ja keine Muränen mehr sehen, sie öden mich an, wenn sie nicht gerade, was ein seltener Anblick ist, frei durch die Gegend schwimmen. Da ich aber dieses Exemplar noch nie vorher gesehen habe, interessiert es mich auch in seiner typischen "Mit-offenem-Maul-aus-dem-Loch-starren"-Pose.
Am nächsten Tag steht zunächst Miyaruga Thila auf dem Programm. "Not a lot to see" notiere ich im Logbuch. Dafür anschließend bei den zwei Tauchgängen am Maaya Thila. Nachmittags hat es Graue und Weißspitzenriffhaie, einen fetten Schwarzpunktrochen, Napoleons, Fledermausfische und einige Occies, die auf dem Thiladach herumgurken. Beim Nachttauchgang scheinen die Weißspitzenriffhaie dem Schein unserer Lampe zu folgen, wobei ich sicher bin, dass sie das absolut nicht nötig haben, um den ein oder anderen Leckerbissen zu erhaschen. Das kannte ich so bisher nur von Rotfeuerfischen. Aus jeder kleinen Felsritze lugt zudem noch die Flosse eines Drückerfisches hervor, Drücker überall. Insgesamt eine nette Fischsuppe zwischen hübschen Felsformationen.
Den nächsten Tag starten wir am Maanika Thila, wo hübsche Gorgonienfächer uns erwarten. Das Highlight ist hier für mich ein Baby-Adlerrochen, der zum Ende des Tauchgangs mit seiner Mami eine Runde übers Thiladach dreht und sich über die Taucher wundert, während die sich über die vielen Einhornfische wundern und unachtsamerweise auf einem unschuldigen Drachenkopf herumtrampeln, der sich allzusehr auf seine Tarnung verlassen hat und verärgert einen Stellungswechsel vornimmt.
Am Fesdu Wreck hoffen wir dann, auf den Anglerfisch zu treffen, der laut Thomas zwei Jahre lang hier stationiert war. Aber nix da, der Meister ist weg. Das Wrack ist aber auch so ganz sehenswert, hübsch bewachsen und mit dem ein oder anderen Viehzeug in den Nischen und dunklen Löchern. Ausgetaucht wird am benachbarten Fesdu Thila, der absolut einen eigenen Tauchgang wert ist. Nur zu zweit tauchen wir dort kurz vor Dämmerung bei fiesem Nieselregen ab und werden belohnt. Die Wände des Thilas haben viele kleine und große Überhänge, die man genau unter die Lupe nehmen sollte. Verschiedene Garnelen, herumschwimmende Plattwürmer, einen Masken-Igelfisch und paarweise hausende Muränen kommen ins Blickfeld. Und endlich, endlich sehe ich auch das Vieh, das uns Yahia, unser ägyptischer Guide vom Roten Meer, wegen des für ihn unausprechlichen Namens dort immer zeigen wollte: einen Langschnauzen-Büschelbarsch. Unscheinbar hockt er in seiner Koralle, ich hätte ihn übersehen, hätte Ute mich nicht drauf aufmerksam gemacht. Auf dem Thiladach wartet noch ein weiteres persönliches Highlight: Ein Bunter Fangschreckenkrebs huscht über den Boden und verkriecht sich schnell in ein Loch, als wir näherkommen. Auch noch nicht vorher gesehen, das Getier. Wir tauchen am (toten) Hauptriff aus, was sich normalerweise nicht lohnt, doch der frei umherschwimmende Federstern ist auch ein seltener Anblcik, weswegen wir es nicht bereuen. Insgesamt ist dieser Tauchgang für mich persönlich unter den Top 5 aller Tauchgänge der Tour, da ich einiges noch nicht vorher gesehen hatte. Es braucht halt nicht immer Großfisch.
Der nächste Tag beginnt stressig, Strömungstauchgang am Maalhos Thila. Und ich meine Strömung. Sowas hab ich bis dato noch nicht erlebt, die Strömung ist so stark, dass man selbst von den Felsen weggerissen wird, an die man sich klammert. Meinen Buddy verliere ich nach 30 sek im Wasser, mein Oktopus bläst permanent Luft ab, während ich mir vorkomme, wie in einem ICE, der durch ein Gebirgstal rauscht. Da ich es nicht schaffe, den Occi während des Freiflugs zu fixen, habe ich nach 5 Minuten noch 100 bar Luft in der Flasche. Nach 9 Minuten ist der "Tauchgang" zu Ende, shortest dive ever. Ein paar Stunden später dann der zweite Versuch hier und siehe da: kein Fitzelchen Strömung, absolute Flaute. Wir können in Ruhe durch den wunderbaren Canyon tauchen und die Zackenbarsche beglotzen. Nebenbei hat es hier auch noch richtig gute Korallen, mit die besten der gesamten Tour. Für den Nachmittagstauchgang ist Bulandili angesagt, nichts Erwähnenswertes hier.
Tag 7 beginnt genial mit Dega Thila, ebenfalls einer der Top 5 der Tour. Der Tauchplatz besteht aus fünf großen Felsen, wobei die beiden nördlichen bis in 35 m Tiefe reichen und durch einen Canyon getrennt sind, der wunderbar mit Korallen bewachsen ist. Unter den großen Überhängen sichten wir zwei mächtige Schwarzpunktrochen, die es sich nebeneinander auf dem Sand bequem gemacht haben. Das Dach der südlichen drei Felsen startet bei 6 m, wobei die Wände auf der einen Seite senkrecht bis in 40 m abfallen, während auf der anderen Seite bereits bei 15 m Schluss ist. Ein toll bewachsener Tunnel durchzieht den östlichen Felsen. Das Durchtauchen sollte man tunlichst unterlassen, der Tunnel ist sehr schmal, man würde viel kaputtmachen. Highlight ist hier ein kleiner grünlicher Schaukelfisch, der tatsächlich auf seinen Flossen hin- und herzuwippen scheint. Eine Remora begleitet uns während der Hälfte des Tauchgangs, hat uns wohl mit einem Walhai verwechselt. Ein toller Tauchgang inmitten toller Felsformationen.
Nach einem derartigen Beginn ist der zweite Tagestauchgang am Thundufushi Thila eher Durchschnitt, nette Überhänge mit schönen Weichkorallen. Panettone am Abend hat es dafür wieder in sich. Nach gemächlichem Start in einer ziemlich milchigen Brühe verlassen wir das Riff und tauchen raus ins Blau- respektive Grauwasser. Zunächst verscheuchen wir eine Gruppe Weißspitzenriffhaie, bevor wir ein paar Graue spotten, unter denen sich auch ein Haibaby befindet. Kaum sind die Grauen verschwundet, taucht ein großer Schwarzpunktrochen aus der trüben Suppe auf und begleitet uns, gefolgt von 2 Remoras, ein paar Minuten. Ich blicke dem Schwarzgepunkteten noch eine Weile nach und als ich mich umdrehe hat schon ein Manta seinen Platz eingenommen, dreht eine Runde und verschwindet Richtung offenes Meer. Gute Güte, Grauhaie, Schwarzpunktrochen und ein Manta innerhalb von fünf Minuten, das hat man auch nicht alle Tage. Jetzt fehlt uns nur noch ein Walhai zum vollkommenen Glück, aber den Gefallen tut er uns nicht. Wir tauchen über dem Riffdach aus, wo sich langsam zwischen totem Korallenschutt neues Korallenleben bildet. Die drei Schildkröten runden den Tauchgang ab. Insgesamt ein toller Tauchgang, aber nur wegen des Großfischs. Wäre der nicht gekommen, wäre es ein extrem öder Tauchgang an einem öden Riff geworden.
Bei Wolken und Regen geht's am nächsten Tag für zwei Tauchgänge bei Madivaru ins Wasser. Boxer Shrimps, Süßlippen, Nudibranchs, Kegelschnecken, verschiedenste Muränenarten, Kugel- und Kofferfische, Langusten, die sich in einem Loch zusammenpferchen, tolle Überhänge unter den Felsen, große Zackenbarsche, Schaukelfische und ein Riesenschwarm Blaustreifenschnapper, in dem man sich als Taucher verliert, erfreuen hier desselbigen Herz. Prima Tauchplatz. Nachmittags erreichen wir Maamigili Beru, am Außenriff gelegen. "Wir gehen uns jetzt Walhaie anschauen, wer kommt mit?", fragt Thomas noch und alle lächeln nur nachsichtig, keiner nimmt diesen Spruch ernst. Im Wasser spotten wir dann einen Napoleon, ein paar Weißspitzenriffhaie und die uns inzwischen bestens vertrauten Schwarzpunktrochen. Auch das Leben am Riff ist beobachtenswert und so drehe ich irgendwann mehr oder weniger zufällig meinen Kopf Richtung offenes Wasser - und traue meinen Augen kaum. Ein Walhai schwimmt an uns vorbei! Ein kleiner nur, 5 m etwa, aber einer aus Fleisch und Blut! Ich will mir erst die Augen reiben, bis mir einfällt, dass das schlecht geht mit der Maske auf. Hätte ich's man besser gemacht, denn wie ich nachher erfahre, waren es sogar zwei Walhaie. Der eine schwamm genau hinter dem anderen, weswegen ich ihn aus meinem Blickwinkel nicht sehen konnte, was mich ja dann doch ein klitzekleines bißchen ärgert. Aber nur ein klitzekleines bißchen, es war auch so genial genug.
Am nächsten Morgen springen wir hier noch zweimal ins Wasser, haben diesmal aber kein Glück mit den Walhaien. Dafür hat es große Schwärme von Füselieren, Schnapper, Süßlippen, Igelfische, Feilenfische, zwei Adlerrochen (vielleicht auch zweimal den Gleichen), einen Schwarm junger Barrakudas und ein altes Fosters-Glas. Während des Safety-Stops beobachte ich noch eine Kröte, die zum Luftschnappen an die Oberfläche spurtet, was den Tauchgang abrundet. Von Dhidhdhu Beru berichte ich dann lieber nicht, den Platz kann man sich getrost schenken. Zumindest hätten wir es gekonnt, man weiß ja nie, siehe Panettone.
Tag 9 beginnt dann wieder mit einem sehr schönen Platz, Kudarah Thila, einem großen Thila, um den einige größere Felsen herumliegen. Viele, viele Überhänge mit wunderbaren Gorgonien und Tausenden Fischen, die ich jetzt nicht alle einzeln aufzähle, kennzeichnen den Platz. Erwähnenswert sind vor allem die vielen verschiedenen Zackenbarsch-Arten. Der zweite Tauchgang ist dann an einem relativ bekannten Tauchplatz im Ari Atoll, Broken Rock. Dies ist ebenfalls ein großer Fels, der in der Mitte von einem schmalen, etwa 8 m tiefen Canyon durchzogen wird. Auch hier wachsen tolle Gorgonien, vor allem im Canyon selbst, in dem genau ein Taucher nebeneinander Platz hat. Man muss daher beim Durchtauchen des Canyons Vorsicht walten lassen, um nichts kaputtzumachen. Auch dieser Platz hat jede Menge Fisch zu bieten, sehr lohnenswert. Den nachmittäglichen Tauchgang bestreiten wir an einem Ort mit dem schönen Namen Mahibadhoo Dhekunu Thila. "Viz shit, reef dead", notiert mein Logbuch. Dem ist nichts hinzuzufügen ...
Der Kreis schließt sich so langsam, wir überqueren den Kanal und erreichen das South Male Atoll, das noch mit einigen tollen Tauchgängen auf uns wartet. Der Spaß beginnt am Kandooma Thila, einem Riesen-Thila, das in 15 m Tiefe sein Dach hat. Verschiedene Zackenbarsche, zwei Mantis Shrimps, zwei Adlerrochen, Riesendrückerfische, die mir mehr Respekt einflößen als ein Schlägertrupp in Köln-Chorweiler und eine große Tiger-Kauri erfreuen mein kleines Taucherherz. Mitten auf dem Thiladach steht eine mächtige Tischkoralle, unter der es sich eine Riesenmuräne bequem gemacht hat. Nett ist auch die Kröte, die uns freundlicherweise während unseres Törns begleitet. Am Medhu Faru hoffen wir anschließend auf ein bißchen Großfisch, aber es hat keine Strömung, sodass es bei ein bißchen Kleinzeug (Netzmuränen und Konsorten, total von uns gelangweilte Schildkröte, usw.) bleibt. Kleinzeug gibt es auch beim Nachttauchgang am Villavaru Giri zu sehen. Dies ist ein nahezu quadratisches Giri, das bis in 1 m Tiefe an die Oberfläche reicht und an den Seiten auf 25 m abfällt. Drei der vier Seiten sind eher langweilig, aber die vierte Seite hat es farbentechnisch in sich. Knallige Farben bestimmen das Bild, rot, violett, grün und gelb schillern dem Taucher im Schein der Lampe entgegen. Irgendwie scheint das auch die Fauna zu irritieren, eine Schildkröte ist frontal mit meinem Buddy zusammengeprallt. Nein, er hat ihr nicht in die Augen geleuchtet.
Der vorletzte Tauchtag ist unsere letzte Chance auf Großfisch. Wir befinden uns weiterhin an den Kanälen des Außenriffs, an denen es normalerweise immer mächtig zieht. Und wo Strömung ist, ist auch Großfisch. Den ersten Versuch starten wir in Kandooma Kandu. Keine Strömung. Nichtsdestotrotz taucht ein GROSSER Weißspitzenriffhai vor uns auf, kann mich nicht erinnern, jemals ein derart voluminöses Vieh dieser doch eher zierlichen Gattung gesehen zu haben. Seine 5 Freunde folgen ihm, wobei sich auch ein paar Graue Riffhaie dazwischengesellt haben. Wir orientieren uns Richtung 20 m-Plateau und sehen eine Muräne, die gerade einer Schildkröte hinterherhechelt. Ein Adlerrochen stört uns ein wenig in unserer Aufmerksamkeit, gefolgt von einem durchschnittlichen Napoleon. Wie gestern Abend hat es auch heute eine blinde Schildkröte, die mit zwei Fledermausfischen kollidiert. Muss wohl so 'ne Art Sehschwäche sein. Ich beobachte gerade einen Plattwurm, als mir zwei wirklich schlecht gelaunte Thunfische durch die Maske schwimmen. Die sind hier auch nicht anders als im Roten Meer. Den Safety Stop verbringen wir inmitten eines Barrakuda-Schwarms, der uns Gesellschaft leistet. Das war schon mal ein sehr vielversprechender erster letzter Versuch.
Der nächste Versuch am Guraidhoo Bodu Kandu beginnt auch ganz gut, ein großer Schwarzpunktrochen liegt bewegungslos am Boden rum, während uns drei Adlerrochen passieren und im Blau des Meeres verschwinden. Bis auf einen Weißspitzenriffhai lässt sich aber keine Haiflosse blicken. Definitiv letzte Chance dann nochmal am Kandooma Kandu. Wir starten unseren Tauchgang im Blauen und schwimmen Richtung Außenriff. Als wir selbiges erreichen, treffen wir auf eine Schule von 12 Adlerrochen. Was für ein fantastischer Anblick, ich hatte die entsprechenden Bilder bisher immer für Fotomontagen gehalten. Es kommt noch besser, die Rochen begleiten uns auf unserem Weg am Außenriff entlang. Als wir die Einmündung des Kanals erreichen, breche ich beinahe in Euphorie aus. Überall um uns herum tauchen Haie auf, im Wesentlichen Graue Riffhaie und Weißspitzenriffhaie. Es sind mindestens 30 - 50 Tiere, ich habe noch nie soviele Haie auf einen Haufen gesehen. Währenddessen fliegt die Adlerrochenfamilie mit unnachahmlicher Eleganz über unsere Köpfe hinweg und verschwindet im Kanal. Bloody brilliant. Nach 10 Minuten mit den Grauen geht uns langsam die Luft aus, wir kämpfen uns gegen die Strömung in den Kanal und erreichen mit 9 Minuten Deko das Thila, über dem wir locker ausdriften. "Letzte Chance genutzt", kann man da nur sagen! Dies war der beste Tauchgang des Trips und einer meiner Top-10-Dives ever. Also bis dato. Den Nachmittag nutzen wir für einen Ausflug zu einer Einheimischeninsel, die nicht mehr ganz so einheimisch ist. Unübersehbar zieht sich die staubige 200 m lange Einkaufsmeile durch die Mitte des 1500-Seelen-Dorfes, ein Souvenirshöpchen neben dem anderen. Bis Hurghada ist es trotzdem noch ein weiter Weg - Gott sein Dank.
Der letzte Tauchtag wartet nur noch mit einem Tauchgang auf, wir gehen am Kuda Giri Wreck ins Wasser. Das Wrack selbst finde ich ziemlich uninteressant, aber das angrenzende Giri wartet mit ein paar netten Felsformationen auf, unter dessen Überhängen der ein oder andere Zackenbarsch oder diese und jene Muräne rumturnt. Nichts Spektakuläres, ein entspannender Tauchgang zum Ausklang. Anschließend geht's ab zurück nach Male. Zu viert statten wir der Hauptstadt noch einen abendlichen Besuch ab, aber so viel gibt es in der Kürze der Zeit nicht zu sehen. Die Moschee mit ihrer goldenen Kuppel ist ganz hübsch anzuschauen und auf dem Fischmarkt stinkt es wie erwartet recht penetrant. Nach Fisch natürlich. So findet denn eine klasse Malediven-Tauchsafari ihr passendes Ende.