November 2008
Betrachtet man in den einschlägigen Zeitschriften, Internetseiten und Bestimmungsbüchern Fotos der skurrilsten Unterwasserlebewesen, die der Planet zu bieten hat, so stößt man immer wieder auf denselben Namen, wenn es um den Aufnahmeort geht: Lembeh. Die kleine Insel liegt vor dem nordöstlichen Zipfel der indonesischen Insel Sulawesi und ist von dieser durch eine schmale Wasserstraße getrennt, die Lembeh Strait. In dieser tummelt sich alles, was das Herz des Makroliebhabers erfreut. Nach 2 Jahren, in denen ich mich im Urlaub fast nur mit Großfisch vergnügt habe, verspürte ich dringenden Bedarf, mich mal wieder um die kleinen Freuden des Tauchens zu kümmern. Da traf es sich gut, dass Nicole, mein Buddy auf der Galapagos-Tour, bereits 4x in Lembeh war und mir gute Tipps geben konnte, in welchem der 8 Tauchresorts, die sich entlang der Lembeh Strait befinden, man am besten unterkommt.
Nach meiner Rückkehr aus Galapagos habe ich die Tipps direkt in die Tat umgesetzt und E-Mail-Kontakt zur Divers Lodge Lembeh aufgenommen, um mich für den November dort einzubuchen. Das kleine, familiäre Resort wird von Rob und Linda Sinke, einem holländisch-indonesischen Ehepaar geleitet. Dann schnell noch einen Flug bei Singapore Airlines gebucht und schon war der nächste Urlaub unter Dach und Fach.
Acht Monate später geht's los, der gut 12-stündige Flug nach Singapur vergeht bei dem kurzweiligen Entertainment-Programm von Singapore Airlines gewohnt schnell. Positiv bei dieser Airline ist auch, dass man nach Anmeldung weiterhin zuätzliche 10 kg Tauchgepäck kostenlos mitnehmen kann, was seit Sommer 2008 nicht mehr selbstverständlich ist. Nach zweistündigem Zwischenstopp geht's mit Silk Air weiter und nach gut 3 Stunden landen wir auf dem relativ übersichtlichen Flugfeld von Manado, der Hauptstadt der indonesischen Provinz Nord-Sulawesi. Die Einreiseformalitäten sind schnell erledigt und auch der von der Basis organisierte Transfer steht schon vor der Tür. Zusammen mit mir ist Swantje angekommen, die zufällig unabhängig von mir den gleichen Aufenthaltszeitraum gebucht hat und für die nächsten 2 Wochen mein Buddy sein wird. Nach einer Stunde Autofahrt erreichen wir die geschäftigte Hafenstadt Bitung, die direkt an der Lembeh Strait liegt. Die 100.000 Einwohner zählende Stadt ist u.a. wegen ihres großen Container-Terminals ein wichtiger Industriestandort der Region. Rob und Linda erwarten uns bereits am Bootsanleger, zusammen mit ihrem 2-jährigen Sohn Adrian, Hund Doggie, Kindermädchen Ninni, zwei Basisangestellten und den Einkäufen für die nächsten drei Tage. Die Bootsfahrt zum Resort, das an der Südspitze Lembehs liegt, dauert nur 20 Minuten, dann haben wir unser Ziel erreicht. Verglichen mit anderen Zielen in Südostasien, wie Malapascua oder Maratua ist das eine verhältnismäßig stressfreie Anreise.
Boot rausfahren wollen. Machen wir nur 2 Tauchgänge am Tag, sind wir zum Mittagessen wieder im Resort. Bei 3 oder mehr Tauchgängen wird das Mittagessen auf dem Boot eingenommen. In unserem Paket sind 2 Tauchgänge pro Tag und Vollverpflegung inkl. Softdrinks bereits enthalten. Zusätzliche Tauchgänge und Nachttauchgänge kosten extra (25 bzw. 30 €). Nitrox gibt es für 2,50 € pro Füllung. Die maximale Gruppengröße beträgt 2 Gäste auf einen Guide! Welch paradiesische Zustände verglichen mit dem Rudeltauchen im Roten Meer! Wem das noch nicht reicht, der kann auch die "Non-Limit"-Option buchen, bei der im Paketpreis beliebig viele Tauchgänge enthalten sind und bei der jeder Taucher seinen eigenen Guide bekommt. Für passionierte Fotografen ist das sicherlich eine empfehlenswerte Alternative. Das gemeinsame Abendessen wird gegen 19 Uhr im gemütlichen Essbereich serviert, wo es auch einen großen Flachbildfernseher, jede Menge Bücher und Videos, Laptop zum Brennen von CDs, sowie WLAN-Internetanschluss gibt. Die Lodge hat sieben Gästebungalows, die strategisch über das Areal verteilt sind. Ich bekomme den Adlerhorst zugeteilt, mein Bungalow steht auf einem Hügel, der über 100 Stufen zu erklimmen ist - nicht dass man nach 4 Tauchgängen pro Tag da noch einen Deko-Unfall erleidet! Von der Terrasse aus hat man einen tollen Ausblick Richtung Süden, wo die würfelquallenverseuchte Walenekoko-Bucht an das Resort angrenzt. Baden ist also in diesem Teil des Meeres eher ungesund.
Nach dem Begrüßungsdrink werden wir über den organisatorischen Ablauf aufgeklärt. Wir können selbst bestimmen, um wieviel Uhr wir morgens frühstücken und wann wir mit dem20 der gut 30 Tauchplätze in der 12 km langen und maximal 100 m tiefen Lembeh Strait. Fast alle Plätze liegen im nördlichen Straßenbereich, sodass man von der Divers Lodge aus zwischen 30 und 45 Minuten Bootsfahrt in Kauf nehmen muss. Zeit genug, um vor dem Tauchgang noch ein Nickerchen zu machen oder für einen gepflegten Gang zum Klo. Letzteres hat für so manchen Taucher ja fast schon rituellen Charakter und zu denen zähle ich mich seit einem unästhetischen Unfall während eines Nachttauchgangs im Roten Meer, dessen Details ich dem geneigten Leser an dieser Stelle ersparen möchte, eindeutig dazu. Auf der Südseite von Lembeh Island gibt es weitere Tauchplätze, die man ansteuern kann, wenn man vom Muck-Diving in der Strait genug hat.
In den folgenden 11 Tagen betauchen wirDas Hausriff des Resorts liegt 2 Minuten Bootsfahrt entfernt gleich um die Ecke. "Riff" ist eine deutlich zu freundliche Bezeichnung für den im 45 Grad-Winkel abfallenden Hang aus Korallenschutt. Aber wir sind ja auch nicht zum Korallen gucken hier. Highlight am Hausriff sind die Mandarinfische, die hier jeden Abend pünktlich zur Dämmerung um 17.30 Uhr aus ihren Verstecken gekrochen kommen, um sich zu paaren. Auch wenn ich das inzwischen schon ein paar Mal gesehen habe, ist es doch immer wieder ein nettes Schauspiel. Da die Mandarinen sehr lichtscheu sind, gerät die Fotografiererei wieder mal zu einem Geduldsspiel. Nachdem wir uns den Spaß 40 Minuten lang angeguckt haben, wühlen wir in Sand und Schutt nach anderem Kleingetier. Besser gesagt lassen wir wühlen, denn was die Guides hier mit geschultem Blick zutage fördern, ist schier unglaublich. Kein noch so gut getarnter Fisch oder Krebs entkommt ihnen. So sehen wir hier noch einen winzigen, violett schimmernden Bobtail Squid, weißliche Sepien, kleine Skorpionsfische, Boxer Shrimps und Plattwürmer.
Diesen Platz an der Inselseite der Lembeh-Straße fahren wir nur 1x an, um uns nach Einbruch der Dunkelheit bei einem Nachttauchgang zu versenken. Schön bunt ist der steil abfallende Hang, auf dem einiges an hübschen Korallen, Schwämmen und Anemonen wächst. Während ich einige der Tonnen von unterschiedlichen Nacktschnecken fotografiere, schwimmt mir ein Weißspitzenriffhai mitten durchs Gesicht und verkriecht sich tief in einem Loch im Hang. Es ist der einzige Hai, den wir in der Lembeh Strait sichten. Bei der Rückkehr aufs Boot entgleitet mir meine Tauchlampe und verschwindet im dunklen Meer. Sinnvollerweise habe ich sie vorher ausgeschaltet, dämlicher Anfängerfehler. Mit 25 bar Restdruck und einer geliehenen Lampe geht es also nochmal abwärts auf Lampensuche. Das gute Stück finde ich zwar nicht, dafür begegnen mir während der Suchaktion noch einige Sepien, eine Spanische Tänzerin und eine Bärtige Brotula, sodass sich das erneute Abtauchen trotzdem lohnt. Als mich dann in 5 m Entfernung zwei Lampen hektisch anleuchten, kann ich erfreut auftauchen: Guide Andris hat die verschollene Leuchte gefunden und mir einige Hektoeuro herannahender Investitionskosten erspart.
Napoleon-Schlangenaal, der eingegraben im Sand auf die Nacht wartet, in der er sich auf Jagd begibt. Eine Krabbe spaziert mit einem Diademseeigel auf dem Rücken durch die Gegend. Ob sie sich diesen selbst als Schutz vor Feinden dorthin gesetzt hat oder ob der Seeigel einfach als Anhalter fährt, ließ sich nicht ergründen. Ein Robuster Geisterpfeifenfisch treibt als Blatt getarnt zwischen ein paar Algen in der Strömung und wird so für seine Feinde quasi unsichtbar. Das Gleiche gilt für die kleinen Oktopusse, die kaum gegen den Sand auszumachen sind, solange sie sich nicht bewegen. Ebenfalls ein Meister der Tarnung sind die kleinen Feilenfische, die durch ihre grüne Färbung mit dem Seegras "verschmelzen", in dem sie sich aufhalten. Die wenigen Anemonen sind bevölkert von den unterschiedlichsten Garnelenarten, putzende und nicht putzende, aber alle putzig. Noch putziger ist natürlich der Hairy Frogfish-Nachwuchs. Dieser Fisch war für mich ein Grund, nach Lembeh zu kommen, da ich ihn noch nirgends auf der Welt gesehen habe und die Chancen, hier einen zu sehen, ziemlich gut stehen. Der Weg hat sich gelohnt.
Dieser Platz ist der stadtnaheste Spot in der Strait und bietet Muck Diving vom Feinsten. Unter Wasser erfüllt er alle Klischees, die man vom Tauchen in Lembeh hat: Man taucht über ausgedehnten schwarzen Sandflächen, auf denen nur vereinzelt mal eine Anemone, ein winziger Korallenblock oder ein bisschen Seegras wächst. Mit der Nase 2 cm überm Sand sucht man nach kleinen und ganz kleinen Tierchen, die sich in selbigem verstecken. Bei unserem beiden Abstiegen hier sehen wir den seltenenDirekt nebenan befindet sich der Polizei-Kai. Wenn ein Platz die Bezeichnung "Muck Dive" verdient hat, dann der hier, denn es schwimmt ziemlich viel Müll im Wasser herum, größtenteils Plastiktüten und -verpackungen. Ob es deshalb in der Lembeh Strait keine Kröten gibt - alle an den Tüten erstickt?! Ansonsten tut der Dreck dem Tierleben aber absolut keinen Abbruch. Wir beginnen unseren Tauchgang in 25 m Tiefe und duchforsten erstmal den schwarzen Sand nach Kleinvieh wie Garnelen, Schnecken, Würmern, Aalen, etc. Anschließend schwimmen wir den sanft abfallenden Hang Richtung Ufer hinauf und erforschen den Flachbereich in 2-5 m Tiefe. 80 % aller Tauchgänge in Lembeh verlaufen auf diese Weise. Am Police Pier tobt das meiste Leben direkt an den Pylonen und unter dem Pier. Einige Anemonen sind das Zuhause von Horden des Banggai-Kardinalbarsches. Eigentlich ist dieser Fisch endemisch an den weiter südlich gelegenen - man ahnt es schon - Banggai-Inseln. Manche Leute vermuten, dass einige der Fischchen aus einer Zuchtstation ausgebüchst sind, andere denken, ein paar Aquariumsexemplare wurden mit Absicht hier ausgesetzt. Egal, welche Version stimmt - die Banggais in der Lembeh Strait vermehren sich seitdem prächtig. Da sie aber die gleiche Behausung bevorzugen wie die allseits beliebten Clownfische, werden letztere immer mehr verdrängt. Verdrängt wird auch der Harlekin-Geisterpfeifenfisch aus seinem Federstern, allerdings nur von uns durch freundliches Zureden und nur kurz, um ein nettes Porträt zu schießen. Ein Seepferdchen klammert sich lustlos an ein paar Algen und auch eine Sepia hält nichts von übertriebenem Aktionismus. Komplett mucksmäuschenstill hält der Finger-Teufelsfisch, der sich als Mitglied der Skorpionsfische genauso perfekt an seine Umgebung anpassen kann wie seine Verwandten. Zum guten Abschluss posiert noch ein Bunter Fangschreckenkrebs vor der Kamera und rundet diesen netten Tauchgang ab.
Mitten in der Lembeh Strait liegen ein paar verstreute Inseln, vor denen wir 2x auf Critter-Jagd gehen, 1x am frühen Morgen und 1x während eines Nachttauchgangs. Woher das Wort "Critters" kommt, ist nicht so ganz klar. Die einleuchtendste Erklärung ist vielleicht, dass es eine Verballhornung des Wortes "creatures" ist und die skurrilsten, bizarrsten und schrillsten Kreaturen meint, die unter der Wasseroberfläche rumturnen. Der Platz macht seinem Namen jedenfalls alle Ehre und ist ein wahrer Spielplatz. Tagsüber treffen wir auf eine Geistermuräne, die vorsichtig aus ihrem Loch schaut. Eigentlich kenne ich diese Muränen als sehr scheue Gesellen. Als jedoch Andris, unser Guide, einen Meter vom Loch entfernt mit seinem Zeigestab rhythmisch auf den Sandboden klopft, kommt sie aus ihrem Loch hervorgeschossen - vermutlich, um die Ursache der Vibrationen zu lokalisieren - und zeigt sich in ihrer vollen Schönheit. Ein paar Meter weiter kreuzt ein Kuhfisch unseren Weg. Mit seinen beiden Hörnern sieht er aus, als wäre er gerade der nächsten Weide entsprungen. Der nächste Critter wartet schon, ein Flügelrossfisch-Pärchen wandert über den Sand, das Weibchen immer schön hinter dem Männchen her, beide mit ausgebreiteten Flügeln, äh - Flossen. Unterschiedliche Seenadeln hocken im Sand. Mit 30 cm Länge sind die Zeigestock-Seenadeln wahre Giganten unter den Seenadeln und kaum zu übersehen, wohingegen die kleinen Schultz-Seenadeln im Sand nahezu verschwinden. Am besten aber gefällt mir die Gebänderte Seekobra, die sich schnüffelnd über den Sand schlängelt und dann mit eleganten Bewegungen zum Luftholen Richtung Wasseroberfläche verschwindet. Während des Nachttauchgangs kümmern wir uns größtenteils um die Tonnen unterschiedlicher Nacktschnecken, Garnelen und anderer Krustentiere, die sich wie an vielen Lembeh-Plätzen auch an Critter Hunt tummeln. Am nettesten finde ich aber die lustigen lila Krabben, die sich in rosa Schwämmen verstecken und die kleinen Bobtail Squids, die Andris wieder mit unfassbaren Adleraugen aus dem Sand hervorzaubert. Eins-A-Platz, das Teil.
Der Schneckenfall ist eine kleine, vertikale, hübsch mit Fächerkorallen und Schwämmen bewachsene Wand, die bis in eine Tiefe von 15 m reicht. Dort geht sie in einen Hang aus - was sonst - schwarzem Sand über, der bei knapp 30 m endet. Bei unserem morgendlichen ersten Besuch stellen wir schnell fest, dass der Platz seinen Namen zu Recht trägt. Unterschiedlichste, farbenprächtige Stern-, Warzen- und Höckerschnecken krabbeln auf Korallen, Schwämmen und im Sand herum. Einige rote Algen latschen wie durch Zauberhand über den Meeresboden. Bei genauerem Hinsehen stellen wir fest, dass es sich um einen Krebs handelt, der komplett mit Algen bewachsen ist - die perfekte Tarnung, solange er sich nicht bewegt. Gut getarnt ist auch die kleine Orang-Utan-Krabbe, die mit ihren behaarten Scheren tatsächlich so aussieht wie eine Miniaturausgabe ihres Namensgebers aus dem Dschungel. Beim Nachttauchgang erleben wir dann, wie wichtig ein guter Guide ist. Am Anfang jeden Tauchtages fragt uns Andris, was wir gerne sehen möchten. Abhängig von unserer Antwort wählt er dann die Tauchplätze aus und landet dabei praktisch immer einen Volltreffer. Für heute habe ich mir eine Harlekin-Garnele gewünscht - das vermutlich schönste Krustentier, was Mutter Natur je hervorgebracht hat - und ich habe noch nie eine gesehen. Nachdem wir den Blaupunktrochen und den Helm-Knurrhahn links liegen gelassen haben, braucht Andris keine 5 Minuten, um tatsächlich eine zu sichten - 1 m tief in einer Spalte in der Wand vergraben, niemals hätten wir die alleine gefunden. Durch - ähem - etwas freundliches Zureden bewegt sie sich aus ihrer Spalte heraus und lässt sich in allen Lebenslagen ablichten. Nach so einem Start in den Tauchgang zeigt das Stimmungsbarometer natürlich ein absolutes Hoch und wir erfreuen uns den Rest des Tauchgangs an allerhand ungewöhnlichem Kleingetier. Ein winziger, in einem Federstern lebender Springkrebs stört sich etwas an unseren Lampen und geht direkt in Verteidigungsstellung, um den vermeintlichen Angreifer in die Flucht zu schlagen. Die benachbarte Peitschenkoralle wird von einer WG bewohnt: Eine kleine Garnele mit Baum vorm Kopf teilt sie sich mit einem winzigen roten Goby, der auf der Koralle nahezu unsichtbar wird. Eine niedliche kleine Sepia und natürlich allerhand Nacktschnecken runden diesen fantastischen Tauchgang ab.
Die Serena-Insel liegt neben Critter Hunt mitten in der Lembeh Strait. Nur 1x besuchen wir diesen Platz während unseres Aufenthalts, und zwar des Nachts. Direkt zu Beginn des Tauchgangs fällt uns eine am Meeresboden befestigte Boje auf. Die alleine ist noch semi-spannend, das Bojenseil ist jedoch besetzt mit einem Haufen großer Eier, die irgendein Meeresgetier dort befestigt hat. Ob wir die Eltern später noch kennenlernen werden? Erstmal buddeln wir uns wie üblich durch den Sand. Ein kleiner roter Reptilien-Schlangenaal zeigt nur sein wenig adrettes Gesicht, den Rest des Astralkörpers hat er tief im Sand versteckt. Ein paar Meter weiter hockt unübersehbar ein knallroter Teufelsfisch auf dem Grund. Hmm, wohl irgendwie bei der Tarnung vertan, dünkt es mich. Macht aber nix, da sein ganzer Rücken mit giftigen Flossenstrahlen besetzt ist, traut sich da eh keiner dran. Seine Finger lassen sollte man auch von den Fangschreckenkrebsen, die hier überall in ihren Röhren hocken. Ihre messerscharfen Klauen können sie blitzschnell hervorschnellen und damit böse Schnittwunden verursachen. Entzückend finde ich auch die vielen kleinen, bunten Langstrahlen-Stirnflosser, die überall herumlungern. Kurz vor Ende des Tauchgangs bekommen wir auf einmal Besuch. Im Schein der Lampen tauchen vier fette Kalmare aus dem tiefschwarzen Wasser auf und machen sich an dem Bojenseil zu schaffen. Aha, hier haben wir also unsere Jungeltern. Normalerweise sind Kalmare ja relativ scheu, aber im Eierlegerausch scheinen Architheutis' Brüder jede Furcht zu verlieren und vollführen einen Tanz um unsere Köpfe. Zehn Minuten dauert das Spektakel, dann verabschieden sie sich ins dunkle Meer und wir uns begeistert Richtung Abend(b)rot.
Nahe dem Dörfchen "Air Prang" befinden sich an einem kleinen Strand zwei Tauchplätze Air Prang I und Air Prang II. Beide Plätze bestehen wie üblich aus jeder Menge Sand, der vereinzelt mit kleinen Korallenblöcken und Anemonen garniert ist. Letztere werden vorwiegend von Garnelen und Clownfischen bewohnt. Bei unserem ersten Besuch wuselt eine juvenile Harlekin-Süßlippe mit rastlosen Schlängelbewegungen um ihren Korallenblock. In diesem Alter sind sie hyperaktiv und halten nicht mal für eine Sekunde still. Mit zunehmendem Alter gibt sich dieses Verhalten, bis sie als Erwachsene recht teilnahmslos alleine oder in Kleingruppen im Wasser stehen. Das nächste Kleinvieh zeigt uns Andris in einer toll gemusterten Seegurke: Eine winzige Imperatorgarnele fährt im Schutz der Gurke als Anhalter mit. Oft findet man diese Garnelen auch auf größeren Nacktschnecken, insb. Spanischen Tänzerinnen. Im nächsten Korallenblock hockt ein kleiner, farbenfroher Tiger Shrimp, ein weiteres Highlight indonesischer Gewässer, da sonst nirgendwo auf der Welt zu sehen. Nicht einzigartig, aber hübsch anzuschauen sind die Kurzflossen-Zwergfeuerfische, die in trauter Zweisamkeit auf ein paar Steinen hocken. In der Anemone nebenan sitzt ein farbenfroher Porzellankrebs, manchmal auch Anemonenkrabbe genannt. Gut, dass der nur so klein ist, denn der Beißapparat sieht in Nahaufnahme aus als käme er aus einem zweitklassigen Horrorfilm. Wie verlassen den Flachwasserbereich und tauchen in tiefere Gefilde, wo völlig unerwarteterweise ein Bärenkrebs im Sand hockt. Dass dieser aus dem Mittelmeer und Atlantik bekannte Krebs auch in tropischen Gefilden vorkommt, war mir bisher unbekannt.
Unseren dritten und letzten Besuch an Air Prang machen wir wieder aufgrund unseres virtuellen Wunschzettels. Auf dem steht nach einer Woche neben einem Blauringkraken nur noch Eschmeiers Schluckspecht, einer skurrilen Art aus der Familie der Skorpionsfische, die den Namen "Critter" absolut verdient. Nur an wenigen Orten auf der Welt kann man diesen Fisch sehen und Andris meint, Air Prang gehört im Moment dazu. Dass er recht hat, sehen wir nur 10 Minuten nach dem Abtauchen: Unter ein paar Geweihkorallen hat sich tatsächlich ein violettes Exemplar verschanzt, das sich in der Folge einem Blitzlichtgewitter ausgesetzt sieht, welches es klaglos über sich ergehen lässt. Der Rest der Tauchgangs ist nur noch Zugabe, obwohl Harlekin-Geisterpfeifen und Fangschreckenkrebse immer wieder gern gesehene Besucher sind. Zum Abschluss schleichen sich noch eine Sternflecken- und eine Weißaugen-Muräne elegant von dannen.
Nördlich von Air Prang schließt sich Jahir an, ebenfalls ein "Muck Dive" erster Güte. Unser erster Besuch beginnt an einem kleinen Korallenblock, um den ein Dutzend Gebänderte Seenadeln drumrum schwimmen. Wir tauchen den Hang hinab und inspizieren wie gehabt das Leben in und auf dem Sand: Neben ein paar Algen hat es sich ein Zwergfeuerfisch bequem eingerichtet. Ein paar Meter weiter hocken zwei Dragonets im Sand. Mit ihrer extrem verlängerten Rückenflosse sind sie vielleicht die merkwürdigsten Vertreter aus der Familie der Leierfische, zu denen auch die Mandarinen gehören. Die Seepferdchen und der Teufelsfisch gehören schon fast zum Lembeh-Standardprogramm, ebenso wie Helm-Knurrhahn, Flasher Scorpionfish und Nudis. Hinter der nächsten Ecke wartet dann aber der nächste Grund, nach Lembeh zu kommen: Der Mimic Octopus ist ein ganz besonderer Cephalopode. Bei Gefahr imitiert er andere, teils giftige Tiere, um Feinde abzuschrecken und nicht selbst zum Frühstück zu werden. So kann er sich als Rotfeuerfisch oder Seeschlange, aber auch als Sepia, Seestern, Aal oder Fangschreckenkrebs ausgeben. Für uns mimt er die Flunder, als er nach einiger Zeit genug von unserer Anwesenheit hat und das Weite sucht. Geiles Vieh! Ein paar Tage später kommen wir in der Hoffnung wieder, uns den nächsten Wunsch auf der Liste zu erfüllen: Ohne Flammensepia, die ich noch nie gesehen habe, will ich nicht wieder nach Hause fliegen. Unsere Suche bleibt heute jedoch erfolglos. Es ist der einzige Tauchgang, bei dem das passiert! Fast könnte man meinen, wir sind im Zoo, so gut sind die Guides beim Aufspüren der Favoritentiere. Schon am nächsten Morgen kommen wir wieder und versuchen erneut unser Glück. Zielsicher steuert Andris den Hang hinunter zur 20-m-Marke und begibt sich auf die Suche. Nach 15 Minuten hat er Erfolg, eine faustgroße Flammende Sepia ist entdeckt und gerade mit der Nahrungsaufnahme beschäftigt. Unsere Anwesenheit scheint sie nicht sonderlich zu stören, lediglich bei Annäherung mit der Hand zeigt sie wie alle Sepien Reaktion und wechselt das Farbmuster: "Bis hierhin und nicht weiter!", sagt sie uns mit ihrem tiefvioletten Warnmuster, das von einem knallgelben Ring eingerahmt wird. 30 Minuten lang begleiten wir die Schönheit auf ihrer Wanderung durch den Lembeh-Sand, bevor wir uns nach oben verabschieden. Weit kommen wir jedoch nicht, denn obwohl eine Flammende Sepia meist allein kommt, sitzt neben einem versunkenen Baumstamm eine noch viel kleinere, die nur halb so groß ist wie ihre ältere Schwester. Süß! Zum Abschluss dieses Tauchgangs sichten wir dann auch noch die endemische Lembeh-Rubber-Duck. Große Klasse!
Auf der anderen Seite der Lembeh Strait, direkt gegenüber von Air Prang und Jahir liegt Pantai Parigi, ein absoluter Hammerplatz auf der Inselseite. Unseren ersten Tauchgang beginnen wir mit Anglerfischen satt: In einer Koralle hocken gleich zwei Exemplare, einer ganz in Weiß (ohne Blumenstrauß), ein anderer in Orange. Drei Meter weiter sitzt direkt der nächste und hat sich mit seiner violetten Färbung ganz dem Schwamm angepasst, den er sein Zuhause nennt. Als wir weitertauchen, spottet Andris mit Adleraugen einen Wunderpus im Sand. Dieser Oktopus sieht fast so aus wie der Mimic Octopus, ist aber noch seltener und deutlich kleiner. Einige Minuten beschäftigen wir uns mit dem Kopffüßer, bis er schließlich einigermaßen genervt das Weite sucht und sich irgendwo in den Sand eingräbt, wo er vor uns sicher ist. Kaum ist der Wunderpus verschwunden, treibt ein braunes Blatt an uns vorbei. Ach nee, es bewegt sich doch und ist ein juveniler Langflossen-Fledermausfisch. Auch noch nie vorher in diesem Stadium gesehen. Von besonderem Interesse an Pantai Parigi sind die vielen Algenbüschel, in denen man sehr genau nach Leben suchen sollte. Ein kleines Seepferdchen ist dabei noch ziemlich leicht zu entdecken, die winzigen Zwergnadelpferdchen sehen dagegen aus wie ein Algenblatt und sind nur von geübten Guideaugen zu entdecken. Zum Abschluss des Tauchgangs wartet dann noch eine handfeste Überraschung auf uns: im Flachwasser zwischen 5 und 10 m wartet der Platz mit einem prächtigen Korallengarten auf, wie man ihn auch anderswo schöner kaum findet. Dass es hier so etwas gibt, davon liest man in Artikeln über Lembeh eigentlich nie etwas, immer ist nur von dem allgegenwärtigen schwarzen Sand die Rede. Der Korallengarten ist jedenfalls der optimale Ort für einen 30-minütigen Safety-Stop, bei dem man sich mit allerlei bekanntem und weniger bekanntem Riffgetier die Zeit vertreiben kann. Eine knappe Woche später haben wir immer noch keinen Ambon-Drachenkopf gesehen, ein weiterer Vertreter aus der Familie der Skorpionsfische, bei dem man sich fragt, was Mutter Natur sich dabei wohl gedacht hat. "Ok, let's go to Pantai Parigi", bemerkt Andris daraufhin. Gesagt, getan, eine knappe Stunde später tauchen wir ab und treffen erstmal auf einen Schwarm Gestreifter Korallenwelse, der in absoluter Synchronizität den Sandboden nach Nahrung durchwühlt. Wir schwimmen weiter und - ich traue meinen Augen kaum - dödeln tatsächlich zwei der gesuchten Ambons im Gänsemarsch über den Sandboden - vermutlich ein Männchen und ein Weibchen. 10 Minuten lang kommen wir unserem Paparazzi-Hobby nach, dann lassen wir das Liebespaar alleine und schwimmen weiter. Weit kommen wir jedoch nicht, denn mit großem Hallo begegnet uns wie schon beim ersten Mal hier ein Wunderpus - immer wieder gerne gesehen. Nachdem wir auch diesem kleinen Kerl genug auf die Nerven gefallen sind, geht's weiter. Als ich gerade einen eher sporadisch auftretenden gelben Stirnflosser mit Schokoschnute ablichte, tippt mich Andris an und deutet auf einen kleinen, bunten Fleck im Sand. "Häh?", denke ich erst, "da ist doch nix!". Als ich dem kleinen bunten Fleck dann die Maske aufs Auge drücke, bin ich spontan Feuer und Flamme und breche in Entzücken aus ... Da man mit einem Highlight einen Tauchgang beenden soll, lassen wir es damit gut sein und verziehen uns in den hübschen Korallengarten zum Austauchen.
Nur ein paar Meter weiter nördlich liegt Tanjung Kubur. Bei unserem einzigen Besuch hier präsentiert sich der Platz recht unspektakulär. Topografisch sowieso, denn was ist an schwarzem Sand schon spektakulär, aber auch die Fauna ist mit 3 Worten beschrieben: "Schnecken, Schnecken, Schnecken". Die kommen dafür in allen Formen und Farben, alle paar Meter hockt eine andere Art. Dazwischen fuscht sich ein liliputanischer Hairy Octopus, farblich perfekt angepasst an seine Umgebung. Nett, Punkt.
Auf der Festlandsseite der Lembeh Strait liegt einen Steinwurf von Jahir entfernt der Platz Jari-Jari. Unseren einzigen Tauchgang hier machen wir nach Einbruch der Dunkelheit. Im Sand haben sich einige Helm-Knurrhähne zum Begrüßungskommitee formiert. Daneben schleicht eine farbenprächtige Fassschnecke vorwärts und gräbt dabei im Sand nach Nahrung. Ein Occi hat sich eine zerbrochene Flasche als Wohnung ausgesucht, ein anderer ist gerade wohnungssuchend auf nächtlichem Ausflug. Ebenfalls auf Ausflug befindet sich eine kleine Imperatorgarnele, schlauerweise fährt sie jedoch bequem auf einer Nacktschnecke spazieren. Völlig unbeweglich hat sich dagegen ein Reptilien-Schlangenaal in den Sand eingebuddelt, er geht wahrscheinlich erst später auf Beutezug. Bei dem ganzen Anschauen und Fotografieren des nächtlichen Treibens am Meeresboden verliere ich ein klein wenig die Zeit aus den Augen. Als wir nach 70 Minuten auftauchen wollen, stelle ich fest, dass mein Computer der Meinung ist, ich hätte noch einen 30-minütigen Dekostopp nötig. Ich bin zwar anderer Meinung, da ein Ausdikutieren aber relativ sinnlos erscheint, gebe ich nach, setze mich in den Sand und schaue vier Nacktschnecken beim Gruppensex zu, bis 5 Minuten später die Lampe ausgeht. Lembeh im Stockdunkeln ist dann doch eher langweilig, weswegen mir Swantje netterweise eine neue Lampe vom Boot bringt. Die ganze Angelegenheit ist mir einigermaßen peinlich, aber die Crew nimmt den verlängerten Arbeitstag eher locker und das, obwohl sie nicht mit Überstundenausgleich rechnen darf.
Der magische Felsen wartet schon beim Abtauchen mit einer Überraschung auf: Wunderbare Korallen und Schwämme, so weit das Auge reicht. Der Platz strotzt nur so vor Farben, von dem allgegenwärtigen schwarzen Sand ist hier weit und breit nichts zu sehen. Andris führt uns zielsicher zu einer kleinen Gorgonie, in der drei Pygmäenseepferdchen leben. Nachdem wir diese gebührend gewürdigt haben, tauchen wir an der toll bewachsenen Steilwand entlang, die vertikal bis zum Meeresboden, der hier bei 60 m liegt, abfällt. Die letzten 20 Minuten hängen wir auf dem Riffdach ab, in dem das Fischleben tobt, welches man von Korallenriffen halt so kennt. Toller Platz!
Nach den Farbklecksen am Magic Rock wartet Kuda Laut wieder mit dem altbewährten schwarzen Sand auf. Die zahlreichen Feuerseeigel hier dienen einigen Gliederfüßern als Behausung: im ersten sitzen zwei kleine Partnergarnelen und blicken in die Welt hinaus. Den nächsten Seeigel haben sich zwei Coleman Shrimps als Wohnung gekrallt. Noch einen Igel weiter finden wir eine kleine Seeigelkrabbe. Aber auch Gurken machen sich für einige Tiere gut als Dach über dem Kopf, insb. Imperatorgarnelen sind manchmal auf oder unter ihnen zu finden. Nachdem wir ungefähr jede Nacktschnecke fotografiert haben, die uns über den Weg kriecht, widmen wir uns den vereinzelten Algenbüschel und wenigen Korallenblöcken. In einem finden wir einen kleinen, knallgelben Clown-Anglerfisch, der sich mal wieder nicht bewegt, sondern mit halboffenem Mund vor sich hin starrt. Ein kleiner juveniler Trompetenfisch zieht sich schüchtern zurück, als wir anrücken. Zwischen seinen Korallen sitzen bleibt dagegen ein Rauhschnauzen-Geisterpfeifenfisch und lässt sich mehr oder weniger freiwillig ablichten, genauso wie die Geistermuräne, die nebenan in ihrem Erdloch steckt. Den Sicherheitsstopp am Ende verbringen wir mit den vielen kleinen Stirnflossern, die im Flachwasser auf dem Boden sitzen und uns den Abschied von dieser tollen Spielwiese versüßen.
"Makawide" ist der Name eines kleinen Dorfes samt vorgelagerter Insel, die der heimischen Jugend als Sprungturm dient. Die beiden Tauchplätze hier bieten eine gute Mischung aus Critter-Tauchen in tieferen Gefilden und schönem Korallengarten im Tiefenbereich zwischen 5 und 10 m. Unseren ersten Tauchgang beginnen wir mit einem 10-minütigen Stopp an einem Federstern, der gleich zwei Harlekin-Geisterpfeifenfischen als Wohnung dient. In den zahlreichen Anemonen sitzen Garnelen en masse, in jeder eine andere Art. Wo es keine Garnelen hat, halten nervöse Clownfische die Anemone besetzt und starten beim Näherkommen immer wieder Scheinangriffe auf die Kamera. Wir besuchen zwei Geistermuränen, die sich im Abstand von einigen Metern eingebuddelt haben, und kümmern uns dann um die beiden Flügelrossfische, die wie üblich diszipliniert hintereinander hertrotten. Als Nächstes bestaunen wir die Verwandlungskünste einer Breitkeulen-Sepia, die von einem Moment auf den anderen komplett ihr Farbmuster wechselt. Dass es auch an diesem Platz vor Nacktschnecken nur so wimmelt, versteht sich von selbst.
Diese kleine Bucht auf der Festlandsseite besuchen wir im Rahmen unserer "Wünsch Dir was"-Aktion. Heute soll es der Haarige Anglerfisch sein, ebenfalls ein Kollege, für den ich extra nach Lembeh gekommen bin. Andris ist optimistisch, dass wir ihn an diesem Platz finden und wie üblich hat er recht. Schon nach wenigen Minuten gibt es ein großes Hallo, als wir ein Exemplar über den Sand watscheln sehen. Eine schlappe halbe Stunde lang leisten wir ihm Gesellschaft, wer weiß schon, ob man jemals nochmal einen wiedersehen wird? Anschließend grasen wir weiter den Sandboden ab und sehen einen Schlangenaal, um und auf dem ein Haufen Garnelen herumtanzen. Das ist einigermaßen überraschend, denn normalerweise tolerieren die Aale die Garnelen nicht und verspeisen sie stattdessen zum Frühstück. Warum dies hier in Lembeh anders ist, hat die Wissenschaft noch nicht herausgefunden. Macht aber auch nix, für uns ist mit dem Haarigen Angler der Tag sowieso schon gerettet.
Eine Bucht weiter liegen die beiden Haarbüschel, ebenfalls tolle "Muck Dive"-Plätze, wenn auch bei unserem Besuch nicht so Spitze wie Jahir oder Pantai Parigi. Zuerst kümmern wir uns um einen noch offenen Punkt auf der Wunschliste, auf der noch ein ordinärer Himmelsgucker steht, den man auch aus dem Roten Meer kennt. Andris ist mal wieder in seinem Element und führt uns zielsicher zu einem im Sand vergrabenen Kollegen, den wir durch freundliches Zureden dazu bringen, sich mal in seiner vollen Pracht zu zeigen. Anschließend kümmern wir uns um die vielen Fangschreckenkrebse, die in ihren Röhren am Meeresboden hausen - drei unterschiedliche Arten machen wir aus. In den vereinzelt auftretenden Schwämmen und Algen halten sich einige Seepferdchen versteckt, dazu hat es Stirnflosser, Oktopusse, Schlangenaale, komische Nacktschnecken und einen winzigen Seegras-Feilenfisch, der uns misstrauisch aus seinem Algenversteck beäugt. Mein Favorit aber sind die beiden Kalmare, die zum Abschluss des zweiten und letzten Tauchgangs hier kurz an uns vorbeifliegen. Prima Platz, wenn das Wetter uns auch ziemlich im Stich lässt. Die Delfine, die während der Tauchpause einen kleinen Ausflug in die Bucht machen, stört das natürlich überhaupt nicht.
Dies ist der nördlichste Platz auf der Festlandseite der Lembeh Strait. Zur Abwechslung graben wir hier den größten Teil des Tauchgangs mal nicht in schwarzem Sand, sondern halten uns nach kurzem Besuch des Meeresbodens, der bei 26 m liegt, vorwiegend auf dem Riffdach im 10-m-Bereich auf, wo es tolle Korallen, Schwämme und Anemonen hat - ein wahres Paradies zum Fotografieren, dem wir bei einem 90-min-Tauchgang ausgiebig frönen.
Zum Abschluss eines klasse Urlaubs widmen wir uns ganz den tollen Korallengärten im hohen Norden der Lembeh Strait. Am Engelsfenster erhebt sich ein großer Fels bis knapp unter die Wasseroberfläche. In 25 m Tiefe befindet sich ein kleiner Tunnel, der dem Platz seinen Namen gibt. Der Tunnel wird von Schwärmen von Soldaten- und Beilbauchfischen bevölkert, durch die man sich hindurchkämpfen muss. Anschließend geht es an der mit Gorgonienfächern bewachsenen Steilwand entlang, an der es vor Leben nur so wimmelt. Die vertikale Wand geht in einen sanft abfallenden Sandhang über, auf dem ein paar einzelne Peitschenkorallen stehen, in dem sich ein knallroter Harlekin-Geisterpfeifenfisch versteckt hält. Mitten während der Fotosession schwimmt auf einmal eine Flammende Sepia durchs Bild, weswegen wir die Geisterpfeife schleunigst verlassen. Die letzten 20 Minuten hängen wir an einer Putzerstation ab und schauen zu, wie sich Tonnen unterschiedlicher Rifffische von zwei Putzerfischen säubern lassen, das reinste Großreinemachen im Akkord ist das.
Von wegen "All the leafs are brown", an diesem Platz dürfte so ziemlich jede Farbe vorkommen außer Braun und Grau, überall bunte Korallen, Anemonen und Schwämme, das Ganze garniert mit Lembeher Fischallerlei. Keine außergewöhnlichen Critters hier (Pfauenaugen-Zwergfeuerfisch, Langnasen-Büschelbarsch und ein paar Mini-Garnelen sind fast schon die außergewöhnlichsten Entdeckungen), einfach nur an der Steilwand entlang tauchen und das farbenfrohe Ambiente genießen. Die Rückfahrt von diesem nördlichsten Platz, den wir besuchen, führt durch die komplette Lembeh Strait und gibt uns nochmal Gelegenheit, uns an 19 km pittoresker Küstenlinie zu erfreuen.
Auf der Südseite von Lembeh gibt es einige Plätze, die laut Rob der totale Gegensatz zu dem Muck Diving bei eher bescheidener Sicht (10-15 m) in der Strait sind. Rob gibt uns den Tipp, uns mal einen davon anzugucken. Also stehen wir morgens um 5 Uhr auf, da nur am frühen Morgen eine Ausfahrt dorthin relativ sicher möglich ist. Später am Tag frischt der Wind so sehr auf, dass eine Überfahrt recht ruppig wäre. Unser Ziel für diesen Versuch ist die Pulau Dua, eine kleine der Südküste Lembehs vorgelagerte Insel. Beim Sprung ins Wasser sehen wir schon, dass Rob nicht übertrieben hat: Bei 30 m Sicht hat man freien Blick auf die tipptopp Korallengarten auf dem Riffdach nicht davon überzeugen, dass ein Besuch der Südküstenplätze ein Muss bei einem Lembeh-Besuch ist, das Muck Diving ist für mich viel, viel kurzweiliger.
großen Fischschwärme, die an der vertikal abfallenden Steilwand stehen. Zwei Napoleons kommen uns entgegen, machen aber schnurstracks eine Kehrtwendung und suchen das Weite, als sie uns erblicken. Feiglinge. Wir dümpeln so an der Wand entlang und ich kann mir nicht helfen, aber nach 30 Minuten wird mir doch eher langweilig. Es ist alles ganz nett, alles ganz bunt, hat aber halt nicht den Charme dieser Muck-Diving-Spielwiesen, bei der man mit der Nase im Sand und der Kamera im Anschlag auf die Suche nach dem nächsten merkwürdigen Critter geht und nie weiß, welches seltsame Tier hinter der nächsten Koralle hervorkriecht oder im nächsten Sandloch haust. Die Pulau Dua hat mehr was von Fernsehen mit Chips und Cola dabei. So kann mich auch derFazit: An Lembeh hat man Makrotauchen der Superlative, ich kann mir nur schwer vorstellen, dass es irgendeinen Platz auf der Welt gibt, wo es noch mehr merkwürdige Critter auf so engem Raum hat. Und wir haben ja noch nicht mal alle gesehen! Der Blue Ring Octopus ist zwar am Ende der einzige Punkt auf der virtuellen Wunschliste, der nicht erfüllt werden konnte (es gibt sie in der Lembeh Strait, aber sie sind einfach unglaublich schwer zu finden, man müsste jeden Kiesel in der Strait dafür umdrehen). Es gibt aber noch genug seltsame Viecher, die wir Landtiere eingeschlossen. Andere Fische wiederum, für die Lembeh berühmt ist, gibt es leider nicht mehr. Bspw. haben irgendwelche Idioten die paar Exemplare des Weedy Scorpionfishes, der aussieht, wie ein durch den Häcksler gejagter Paddle Flap-Skorpion, aus dem Meer geholt und in ein kleines Aquarium eines Restaurants in Manado verfrachtet. Fischklau für Aquarien ist und bleibt auch in Lembeh wie in vielen anderen Teilen Südostasiens ein großes Problem. Deswegen kann ich all denen, die auch dann einen Super-Tauchurlaub haben können, wenn die Durchschnittsgröße der gesehenen Tiere im einstelligen Zentimeterbereich liegt, nur raten, schnellstens nach Lembeh zu Rob und Linda zu reisen. Besser geht's nicht!
vorher überhaupt nicht kannten und daher gar nicht auf der Wunschliste waren,